Warum das neue «Too big to fail»-Paket des Bundesrats völlig an der Realität vorbeigeht

Ein Kommentar zur Reformpolitik des Bundesrats – und ein Aufruf zu echtem Wandel.

Am 3. Juli 2025 präsentierte der Bundesrat sein überarbeitetes Massnahmenpaket zur «Too big to fail»-Regulierung. Es sei eine Antwort auf die Credit Suisse-Krise – eine Krise, die nicht nur ein einzelnes Finanzinstitut, sondern das gesamte Schweizer Finanzsystem erschüttert hat. Doch anstatt strukturelle Fehler bei der Finanzmarktaufsicht zu benennen, präsentiert der Bundesrat Symptombekämpfung, flankiert von technokratischem Vertrauen in Eigenmittelquoten, Reorganisationspläne und globale Koordination.

Der Elefant im Raum: Die FINMA

Der Bericht erwähnt die FINMA fast nur am Rande – als Vollstreckerin politischer Weisungen. Dabei ist sie nicht neutrale Verwalterin, sondern Mitverursacherin der systemischen Schwächen. Und das ist kein Zufall, sondern Folge jahrzehntelanger struktureller Mängel in der Schweizer Finanzaufsicht.

Denn die FINMA ist kein Verfassungsorgan, sondern eine selbsternannte, demokratisch schlecht legitimierte Superbehörde, die gleichzeitig Richterin, Ermittlerin, Gesetzgeberin und Vollstreckerin ist – ohne unabhängige Kontrolle, ohne Beschwerdeinstanz und ohne echte Rechenschaftspflicht.

Was im Massnahmenpaket fehlt:

  1. Keine klare Definition der FINMA-Rolle:
    Statt die FINMA grundlegend zu reformieren oder durch ein verfassungsbasiertes Aufsichtsmodell zu ersetzen, bleibt ihre Struktur unangetastet. Die Credit Suisse-Krise hat gezeigt, dass Aufsicht nicht funktioniert, wenn sie intransparente Entscheidungen trifft und keine Rückkopplung von Marktteilnehmern zulässt.

  2. Keine Haftung für Aufsichtspannen:
    Die FINMA trägt keinerlei Konsequenzen für massive Fehlurteile – sei es bei Raiffeisen, bei kleineren Marktteilnehmern oder im Fall CS. Ihre Fehlentscheidungen haben reale Existenzen vernichtet – doch Rechenschaftspflicht? Keine Spur.

  3. Ignorieren von Alternativen:
    Modelle wie das britische Prudential Regulation Committee oder die klare Trennung zwischen exekutiver Aufsicht und rechtsprechender Instanz (wie in Deutschland mit BaFin + Gerichtsinstanzen) werden ignoriert. Stattdessen zementiert man ein Modell, das systemisch blind ist.

  4. Systematische Missachtung kleiner Marktteilnehmer:
    Während sich die Massnahmen auf systemrelevante Banken konzentrieren, fehlt jeder Schutz für kleinere Institute, Start-ups oder innovative Player im Bereich Fintech und Private Markets. Die FINMA bekämpft Innovation, anstatt sie zu ermöglichen.

Was die Schweiz wirklich braucht: Eine echte Reset FINMA-Agenda

1. Verfassungsrechtliche Legitimation

Die FINMA muss in die Bundesverfassung eingebettet und klare demokratische Kontrolle unterstellt werden. Kein Staat darf sich eine Behörde leisten, die faktisch Exekutive, Legislative und Judikative in Personalunion ist.

2. Strikte Trennung von Funktionen

Ermittlung, Aufsicht, Strafmass und Kommunikation müssen getrennt werden. Die FINMA agiert heute wie eine kafkaeske Inquisitionsbehörde: Sie ermittelt, urteilt, straft – und kommuniziert öffentlich vor Abschluss eines Verfahrens. Das ist rechtsstaatlich inakzeptabel.

3. Haftung und Kontrolle

Die Aufsicht muss haften – wie jede Revisionsgesellschaft auch. Wenn durch Fehlentscheide Milliarden vernichtet werden, muss es Verantwortungsträger geben, die benannt, überprüft und bei Bedarf entlassen werden können.

4. Klarer Fokus auf Verhältnismässigkeit

Die FINMA braucht klare Richtlinien zur Verhältnismässigkeit und Risikobasierung, insbesondere bei kleineren Finanzdienstleistern. Stattdessen erleben wir:

  • Zerstörung von Existenzen durch formale Mängel

  • Öffentlichkeitswirksame Urteile vor abgeschlossenen Verfahren

  • Intransparente Entscheide, die Investoren und Unternehmer abschrecken

5. Innovation ermöglichen, nicht verhindern

Die Schweiz hat das Potenzial, ein globaler Hub für dezentrale Finanzmodelle, tokenisierte Assets und private Marktinnovationen zu werden. Dafür braucht es eine neue FINMA-Kultur – mit Dialog, Sandbox-Elementen und einem Fokus auf Risikobewusstsein statt auf Mikromanagement.

Fazit: Das Massnahmenpaket ist Kosmetik – was wir brauchen ist ein Systemwandel

Was der Bundesrat präsentiert, ist eine Krisennachbereitung ohne Selbstreflexion. Ein System, das weiterhin zulässt, dass dieselbe Behörde versagt, sanktioniert, vertuscht und zerstört – kann keine Zukunft haben. Der Reset der FINMA ist kein radikaler Traum, sondern eine notwendige Voraussetzung für ein funktionierendes Finanzsystem.

Reset FINMA bedeutet:

  • Zurück zu demokratischer Legitimation

  • Hinaus aus der Aufsichtsinquisition

  • Hin zu Transparenz, Fairness und Innovation

Die Schweiz kann nicht Weltmeisterin im Finanzplatzvertrauen sein, wenn sie sich ein aufsichtsrechtliches Schattenregime leistet.

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